(English translation at end of post)
Ted Honderich: "Die Tötung eines israelischen Kindes durch eine Selbstmordattentäterin kann ein legitimer Widerstandsakt durch das palästinensische Volk sein". (zitiert nach Frankfurter Rundschau)
Gibt es ein Recht auf Terrorismus?
In Kenntnis der Veranstaltung der Universität Leipzig am 19.10.03 "Gibt es ein Recht auf Terrorismus?" muß man die Frage unbedingt bejahen. Ted Honderich, dessen Buch "Nach dem Terror" gerade von Suhrkamp zurückgezogen wurde, weil dann doch jemand aufgefallen war - was dem Gutachter Jürgen Habermas zunächst nicht aufgefallen war -, daß Ted Honderich die Ermordung israelischer Kinder durch palästinensische Terroristen für eigentlich nicht so richtig falsch hielt - dieser Ted Honderich also wurde den Leipzigern als Referent in der Reihe "Sonntagsgespräch" (Motto: "Universitäten sind kein Ort für Denkverbote") vorgesetzt.
Die angekündigten Diskussionspartner Jürgen Habermas und Micha Brumlik fanden den Referenten und sein Thema dann doch etwas abseitig und sagten ab. Nicht abgesagt hat Prof. Georg Meggle, der sich als Moderator und Mitdiskutant versuchte. Meggle ist nach Ansicht von Henryk Broder ein "Professor, der in Leipzig weltberühmt ist".
Das Vortragsmanuskript von Honderich läßt an seinem Verständnis für palästinensische Selbstmordattentate keinen Zweifel aufkommen.
Und er bietet uns Deutschen einen wunderbaren Ausweg aus dem Dilemma, in das uns die Vergangenheit bedauerlicherweise gestellt hat:
"Ist es nicht so, als habe Ihr Vater eine Frau ermordet - und als Resultat schweigen Sie nun zu einer Vergewaltigung, die der Sohn dieser Frau begeht?"
Die Gleichsetzung der israelischen Abwehrmaßnahmen gegen palästinensische Selbstmordattentäter mit dem Begriff der Vergewaltigung dürfte eine neue Dimension der Diskussion in Deutschland eröffnen. Endlich können die Deutschen, unbehindert von der Schande der Nazis, die Israelis - Vergewaltiger schließlich alle! - unbedrängt kritisieren.
Und schließlich macht Hondrich uns Deutschen ein Kompliment, das wir schlichtweg nicht ablehnen dürfen:
"Die Deutschen sind heute zu Recht dafür bekannt, die Schuld ihrer Väter auf sich zu nehmen. Sie haben eine Art moralischen Vorsprung, den wir anderen nicht haben. Der Holocaust war nicht der erste und nicht der letzte Genozid in der Geschichte. Andere Täter haben ihre Schuld nicht so willig angenommen und sich damit auseinander gesetzt. Aufgrund dieses moralischen Vorsprungs haben die Deutschen heute eine besondere Verpflichtung, gegen die Vergewaltigung eines Volkes ihre Stimme zu erheben. Sie werden ein wenig mehr Gehör finden als andere Nationen. Es gibt einen Grund dafür, dass sie gehört werden, nämlich diese besondere moralische Stellung. Dies ist aber auch der Grund für ihr bisheriges Schweigen. Sie können mehr als wir anderen tun, Amerika aus seiner somnambulen Ignoranz zu wecken."
Nach Darstellung der Frankfurter Rundschau (auch die Leipziger Volkszeitung berichtete über den Vortrag) "ließ sich die Mehrheit im Hörsaal das Schauspiel nahezu kommentarlos gefallen." Dies überrascht nicht. Honderichs Argument katapultiert die Deutschen aus der Verantwortlichkeit für den Holocaust in einem Argumentszug in die Eliteklasse der Humanität, aus der heraus wir die ignoranten Amerikaner so richtig belehren dürfen. Vielen Dank, das machen wir doch gerne!
Bei mir kommt übrigens ein Verdacht auf: könnte der tiefere Sinn der Leipziger Einladung an Honderich die Hoffnung gewesen sein, mit einem ausgewiesenen Israel-Feind arabische Stimmen für die Olympia-Bewerbung von Leipzig zu sammeln?
Übrigens ist die beißende Satire von Henryk Broder über die Einladung Honderichs an die Universität Leipzig außerordentlich empfehlenswert!
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