(English translation: at end of posting)
Stephan hat einen interessanten Beitrag bei statler-and-waldorf gepostet: "Geschichte machen". Er stellt die Frage,
Die Konsequenzen:"was wohl passiert wäre, wenn in den großen außenpolitischen Konflikten der letzten Jahrzehnte die Linken ihren Willen bekommen hätten."
Stephans Schlußfolgerung:"Saddam Hussein würde noch den Irak regieren. ... Slobodan Milosevic wäre nicht in Den Haag und Serbien wäre zwar keine Demokratie, aber immerhin eine grausame Kolonialmacht im Kosovo. ... Muammar Ghaddafi ... wäre ein wichtiger Sponsor des internationalen Terrorismus geblieben. ... Der eiserne Vorhang wäre noch an seinem alten Platz, Egon Krenz wäre Staatsratsvorsitzender der DDR und Vaclav Havel wäre nie tschechischer Präsident geworden, sondern in irgendeinem Arbeitslager verhungert. ... Hätte man auf die Linken in den USA und Großbritannien gehört, dann wären diese beiden Länder natürlich auch nie in den zweiten Weltkrieg eingetreten. Und wer weiß, mit Frankreich und Rußland hätte der Führer vielleicht militärisch fertigwerden können."
Guter Beitrag. Verdient es, im Ganzen gelesen zu werden.Je mehr ich also darüber nachdenke, desto mehr habe ich das Gefühl, daß linke Außenpolitik vor allem darauf ausgerichtet ist, Tyranneien und Diktaturen zu stützen, oder besser: sie vor der Intervention zivilisierter Demokratien zu schützen.
English translation
What If?
Stephan has written an interesting posting at statler-and-waldorf: "Making History" (posting is in German only). He questions,
The consequences:"what would have happened if in the major international conflicts of the last decades the Left would have gotten its will."
Stephans observes:"Saddam Hussein would still govern Iraq. ... Slobodan Milosevic would not be in Den Haag and Serbia would not be a democracy, but still a gruesome colonial power in Kosovo. ... Muammar Ghaddafi ... would still be an important sponsor of international terrorism. ... The iron curtain would still exist, Egon Krenz would be President of East Germany and Vaclav Havel would never have become czech President, but would starve in a some labor camp. ... If one had followed the left in the US and Great Britain, then both countries would not have entered WWII. Und who knows, the Fuehrer possibly could have beaten France and Russia." (our translation)
Good article. Read it all. (Again: it's completely in German)"The more I think about it, the more I get the feeling that left-wing international policy is oriented towards helping tyrannies and dictatorships, or more precisely: to safeguard them from the intervention of civilized democracies."
Dasselbe problematische Status-quo-Denken prägt die französische Außenpolitik m. E. auch schon seit langer Zeit.
Den Anfang kann man spätestens bei der Appeasement-Politik und der mangelnden französischen Vorbereitung auf einen möglichen erneuten Konflikt mit Deutschland festmachen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich kein Staat so an seine Kolonien geklammert und deshalb so verheerende Kolonialkriege (Algerien, Indochina) führen 'müssen' wie Frankreich.
Zur Wahrung des status quo intervenierte Frankreich - erfolglos - mit Großbritannien und Israel gegen die Verstaatlichung des Suezkanals.
Das Festhalten an der selbst beanspruchten Weltmachtrolle führte zu wiederholten Entfremdungen zu den USA und zum Auszug der Franzosen aus der militärischen Komponente der NATO.
Mit dem Ende des Ost-West-Konfliktes setzte Frankreich darauf, die deutsche Wiedervereinigung so lange wie möglich herauszuzögern, ebenso wie Mitterrands Konzept einer 'europäischen Föderation' einerseits eine zu enge Anbindung der frei werdenden Staaten in Mittel- und Osteuropa aus Angst vor zu großem Einfluß Deutschlands verhindern und andererseits die USA aus Europa fernhalten sollte. Dementsprechend sperrte sich Frankreich zunächst gegen die EU-Osterweiterung.
Auf dem Balkan pflegte Frankreich ein enges Verhältnis zu Serbien und plädierte für die Beibehaltung des status quo.
Das Festhalten an einer deutsch-französischen Führugsrolle auch in einer viel größeren und heterogeneren EU, das viele andere Staaten nennen, ist ein weiterer Fall.
Und der Irak ist das jüngste Beispiel französischen Status-quo-Denkens.
Die Geschichte hat die französische Außenpolitik in fast allen diesen Punkten widerlegt. Ich bin zuversichtlich, daß das auf lange Sicht auch für den Irak so gesehen werden wird.
(Um fair zu bleiben sei darauf hingewiesen, daß Frankreich sich in einigen wichtigen Situationen auch gegen den status quo engagiert hat - das Musterbeispiel hier die europäische Integration - und durch die Bereitschaft zu mutigen Projekten viel Gutes in die Wege geleitet hat, wie auch das französische Status-quo-Denken tlw. auch positive Folgen hatte (Kuba-Krise, 2. Golfkrieg). Aber das dominierende Muster scheint mir doch jenes zu sein, in dem Frankreich sich vergeblich auf einen eigentlich überholten Status quo zu stützen versucht und das unangenehme Folgen hat.)
Posted by: Thomas | February 03, 2004 at 05:45 PM
ach war nicht deutschland unter rot/grün am kosovo konflikt beteiligt.
und war nicht das bündnis 90 am umsturz des ddr regime beteiligt?
oder waren es damals noch keine linke?
Posted by: | February 03, 2004 at 07:33 PM
Bündnis90 war sicherlich keine linke Organisation, sondern ein sehr heterogener Verein mit einem großen Teil von Mitgliedern, die ganz klar dem bürgerlichen Lager zuzuordnen waren. Dementsprechend gab es ja auch eine starke Opposition gegen die Vereinigung mit den Grünen dort, und viele Mitglieder von Bündnis90 haben diese Vereinigung zum Anlaß genommen, diese Gruppe zu verlassen. Und erinnern Sie sich noch an die flehenden Bitten der westdeutschen Linken, die DDR als sozialistische Alternative doch weiterbestehen zu lassen?
Die Zustimmung zum Kosovo-Konflikt erfolgte um Haaresbreite gegen sehr starken Widerstand innerhalb der SPD und der Grünen; aus dem gesamten Rest des linken Spektrums kam einhellige Ablehnung gegen den Kosovo-Einsatz. Daß sich hier, im Gegensatz z.B. zum NATO-Doppelbeschluß, der pragmatische Flügel der SPD mal gegen die Genossen durchsetzen konnte, war wohl eher die Ausnahme als die Regel. Schon in Afghanistan gab es ja dann trotz der "uneingeschränkten Solidarität" mit den USA wieder eher ein politisches Feigenblatt als ein ernsthaftes Engagement.
Posted by: statler | February 03, 2004 at 08:19 PM
Darüber hinaus: Die Entscheidung für eine deutsche Beteiligung an einem möglichen Krieg im Kosovo ist noch unter der Regierung Kohl gefallen, wenn auch Rot/grün natürlich theoretisch die Chance gehabt hätte, diese Entscheidung umzuwerfen, was allerdings dem deutschen Ansehen weltweit wohl extrem geschadet hätte und erst recht für eine neu ins Amt gewählte Regierung, die international noch ein 'unbeschriebenes Blatt' war und darüber hinaus aufgrund der persönlichen Vorgeschichte einiger Minister durchaus auf Bedenken stieß, undenkbar gewesen sein dürfte.
Posted by: Thomas | February 03, 2004 at 09:02 PM
Warum ist Röt/Grün daran beteiligt, OHNE UN Mandat? Um zynisch zu sein...
Ich bin Ausländer und wohne in Deutschland.. Viele Deutsche klagen über die Asis... Das macht einen deutlichen Eindruck.
Und viele klagen über Asis aus ehemaligen Jugoslavia...
Wenn die Schlachterei von Molosevic weitergegangen wäre, hätte es viel mehr Asis gegeben..
Wie heisst 'political expediency' auf deutsch?
Tut mir leid, ich kann nicht so richtig deutsch..
Wenn die Amis Krieg im Iraq ohne UN Erlaubnis stiften, weil es in ihrer Interesse ist, sind sie Kriegstreiber.
Die deutschen können auch für Krieg sein.. nur wenn der Krieg in ihrer Interesse ist...
zynisch.. aber vielleicht wahr? was halten Sie davon?
Posted by: steve | February 03, 2004 at 10:59 PM
Die Deutschen nennen ihren Krieg "humanitäre Friedenseinsätze". Die Terrorunterstützer nennen sich "Friedensbewegung". So einfach ist das für viele in Deutschland.
Posted by: Gabi | February 04, 2004 at 07:33 AM
In Nazi-Deutschland gab es keine UN-Inspektoren (oder League of Nations oder sonstwas).
Nazi-Deutschland hat wiederholt souveräne Staaten angegriffen.
Nazi–Deutschland ist Gott sei dank nicht mehr.
Aber die Ereignisse von 1933-45 immer wieder anzuführen wenn es um Iraq/Bush und die USA geht verniedlicht schon fast die NAZI-Zeit.
Posted by: ot | February 04, 2004 at 11:03 AM