(English summary at end of post)
Es gilt, zwei Heroen des Kampagnenjournalismus zu ehren. Es sind
Ralf Beste und Gabor Steingart
Die beiden durften Gerhard Schröder beim UN-Besuch in New York in der letzten Woche begleiten. Ihren Beitrag "Ich verstehe, Gerd" zum Treffen Schröders mit US-Präsident Bush in der Print-Ausgabe des aktuellen SPIEGEL darf man guten Gewissens als eine an Peinlichkeit und angestrengter Lobhudelei nicht mehr zu übertreffende hommage für Gerhard Schröder bezeichnen. Beste und Steingart bemühten sich - mußten sich wohl bemühen -, mit dem Eifer angeheuerter Lohnschreiber den Erfolg der Entspannungsbemühungen des Weltpolitikers Schröder zu fixieren. Herausragendes kampagnenjournalistisches Hofschranzentum! Auszüge:
"Erleichtert sanken beide (Schröder und Bush, nicht Beste und Steingart) in das senfgelbe Gestühl, in ihrer Mitte ein Strauß gelber Rosen. ... Nach der Ouvertüre des Hausherrn war es am Kanzler, die Offensive der Freundlichkeit fortzusetzen. Auf Deutsch und per Du (Schröder: "Can I say you to you?") mit dem großen George (in anderen SPIEGEL-Artikeln gerne als hinterwäldlerischer Schlagdrauf vorgestellt) ging es gleich ans Eingemachte ... und auch mit der entwaffnenden Offenheit seines Gesprächspartners hatte er (Bush) so nicht gerechnet ... Das Klima erwärmte sich spürbar ... Vielleicht, schlug der Kanzler da listig vor, würde ja eine schrittweise Übertragung von Souveränität die Lage entkrampfen - und Bush spielte mit, indem sich seine anfangs zu schmalen Schlitzen verengten Augen deutlich weiteten. Vom deutschen Kompromisseifer schien er durchaus angetan. "A new idea" sei da geboren, flötete der Präsident ... Derart aufgelockert, konnten sich die Regierungschefs wieder der Pflege ihrer Beziehungen hingeben ... Das Protokoll verzeichnete später Heiterkeit auf beiden Seiten ... Ein Abteilungsleiter des State Department flachste ... mit dem deutschen Botschafter Wolfgang Ischinger: "Wenn ihr happy seid und Condi Rice happy ist, bin ich es auch.""
Wir sind jetzt auch happy, denn der SPIEGEL ist es ja auch. Obwohl, die Jungs und Mädels von SPIEGEL Online haben wieder mal nichts kapiert. Schreiben die doch in ihrem Bericht vom Treffen Bush-Schröder:
"Bezeichnend auch die Worte, mit denen Fischer das Zweier-Gespräch beschrieb: offen, substanzreich, sachorientiert. Von "herzlich" war keine Rede, nicht mal von "freundlich". Das hätte wohl auch niemand geglaubt, der die Bilder gesehen hat, die nach dem Treffen in Suite 35 H aufgenommen wurden. Der Kanzler hat da die Beine übereinander geschlagen, er wirkt verkrampft. Bush hat seine Beine gespreizt, als säße er hoch zu Pferde, nicht auf dem Sessel. ... Das Verhältnis Berlin-Washington wird wohl nie wieder so sein wie noch unter Kohl und Clinton. Der wiedergeborene Christ Bush und der Genussfreund Schröder werden nie gemeinsam Pasta vertilgen - das ist eine persönliche Frage. Er habe Bush nicht um eine Deutschland-Visite gebeten, erklärte der Kanzler vor seinem Abflug. Dabei wäre eben das ein Zeichen wirklicher Versöhnung gewesen."
Jetzt wollen wir aber erst einmal SPIEGEL Print und SPIEGEL Online versöhnen...
English summary
The print edition of Germany's left-wing weekly SPIEGEL characterizes the Bush-Schroeder meeting last week in New York in friendliest terms. Bush is said to be deeply impressed by the gentleman-like manners of the German Chancellor. Everybody seemed to be real happy after the meeting. The folks from SPIEGEL online, however, didn't quite get the message. Their account of the meeting has a distinctively negative flavor ("No way to call the meeting even friendly...").
In the 17th century, the petty princes of Northern Germany hired court poets with names, like Opitz, Gryphius, Greffenberg and Harsdoerffer, to elevate the non-events of their little courts into something profound, weighty, world-historical.
Gerhard Schroeder is using the same strategy. Steingart and Bestie are, similarly, court poets for hire. Let me repeat: the Bush-Schroeder meeting was a non-event. The only thing more cramped than Schroeder's appearance with President Bush are the baroque rhetorical flourishes (otherwise known as "Schnoerkel") employed by Messrs. Steingart and Bestie to elevate this non-event into something "happy." Schroeder was as painful to watch as these two are painful to read.
Posted by: Erik Eisel | October 01, 2003 at 12:50 AM
I agree. When watching the footage of the meeting on TV it appeared to me that Schroeder was more concerned about his hemorrhoids than anything else.. at least that's what one could gather from his cramped expression...
Posted by: TN | October 01, 2003 at 11:14 AM