So Jul 20, 01:26:36 PM
In der Online-Version findet sich ein Bericht über den mutmaßlichen Selbstmord des ehemaligen britischen Waffeninspektors David Kelly (vgl. auch dieses Blog vom 19.7.03), von BILD zu "Blairs Berater" befördert. Es fehlt nichts an Vorurteilen gegenüber Blair, was auch in anderen deutschen Medien gehandelt wird: "Ein Reporter der Londoner Zeitung „Mail on Sunday“ fragte ihn: „Premierminister, haben Sie Blut an den Händen?“ Blair wurde aschfahl. Wortlos stürmte er aus dem Saal. .... Der britische Premier Tony Blair (50) muss sich kritische Fragen zum Tod seines Beraters stellen lassen ... Donnerstag kehrt Blair von seiner Asien-Reise nach London zurück. Hier wird es politisch schwer für ihn. Die langjährige Labour-Abgeordnete und „Oscar“-Gewinnerin Glenda Jackson empfahl ihm: „Zurücktreten!“ Ein TED des Nachrichtensenders Sky News ergab: Fast zwei Drittel der Briten (64 %) teilen diese Ansicht."
Nun läßt sich das politische Gewicht von Glenda Jackson zwar nur in Nanogramm ausdrücken - sie ist in der britischen Politiker eine exzentrische Randerscheinung ohne jeden Einfluß -, aber wenn man sonst keine Zeugen für Rücktrittsforderungen an Blair findet, greift man eben auch mal zu Strohhalmen. Der Eindruck, den BILD über die Sky News-Umfrage vermittelt, ist allerding skandalös falsch. Zwar sprachen sich in der Tat zwei Drittel für einen Rücktritt Blairs aus. Zwei Drittel der "Briten", wie BILD meldet? Nein, zwei Drittel derer, die sich an dieser vollkommen unrepräsentativen Umfrage im Internet beteiligten. Das können Inder, Tschechen, Andoraner und auch Briten gewesen sein - halt jeder, der über einen Internet-Anschluß verfügt.
Mit so was macht man Stimmung. Substanz ist nicht gefragt. Und was ist die Substanz? Kelly war, wie die BBC jetzt bekannt gab, tatsächlich der Informant, der die Falschmeldung in die Welt setzte, die englische Regierung habe die Nachricht über Iraks Atomwaffenpläne durch die Erfindung von Tatsachen "sexier" gemacht. Das hat Kelly stets geleugnet.
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